Ausstellungen

2000

Hans Schweiger
& Michaela Schweiger


Friedrich Kleinheinz
Bildkörper


Tina Haase
Streifenweise – Eine Interferenzinstallation


Yasu Eguchi
Retrospektive 1957-1999


Unschärferelation
Fotografie als Dimension der Malerei

Ausstellungen 2000

Schweiger & Schweiger

Das Reisen und das Erleben fremder Länder ist für viele Künstler eine wichtige Erfahrung, die sie im Medium des Bildes reflektieren, und die nicht selten auch ihre Kunst tiefgreifend und nachhaltig verändert. Man denke etwa – um einige historische Beispiele zu nennen – an Dürer, Van Gogh, Macke oder Klee. Heute, im Zeitalter des weltumspannenden Tourismus und globaler Kommunikation, scheint die Erfahrung des Reisens und des Fremden zwar viel an Authentizität und Unmittelbarkeit verloren zu haben, dennoch bildet sie noch immer eine wesentliche Konstante menschlicher und künstlerischer Erfahrung. Wie sich diese in der künstlerischen Praxis niederschlägt, zeigt die Ausstellung am Beispiel von zwei Künstlern: dem Heidenheimer Maler und Graphiker Hans Schweiger und seiner Tochter, der Berliner Konzeptkünstlerin Michaela Schweiger.

Obwohl verwandt, könnte der Umgang beider Künstler mit der Erfahrung des Reisens kaum unterschiedlicher sein. Hans Schweiger verarbeitet seine Reisen in die Länder des Mittelmeerraumes im traditionellen Medium des gemalten Bildes, wobei er sich in Haltung und Stil an der klassischen Moderne orientiert. Michaela Schweiger reist dagegen im Internet und chattet mit Fremden über ihr Heimatland. Verschiedenartig dokumentiert – als Chats im Computer, als verfilmte Dialoge auf Video und als gemalte Weltkarte – entwirft sie so ein elektronisch gewonnenes und medial vermitteltes Bild der Welt, das in spannendem Kontrast zur subjektiv erlebten und individuell gemalten Bilderwelt ihres Vater steht.

Friedrich Kleinheinz
Bildkörper

Seit sich die Malerei zu Beginn des 20. Jahrhunderts vom Prinzip der Abbildhaftigkeit des Bildes abgewandt hat, hat sie das Wesen und die Funktion des abstrakten Bildes unterschiedlich bestimmt: Als Komposition aus abstrakten Farben und Formen sollte es auf Metaphysisches verweisen (Kandinsky, Mondrian) oder Erscheinungsformen des Absoluten (Malewitsch) sein; die abstrakten Gesten des europäischen Informel sollten Zeugnis von der Subjektivität und Individualität des Künstlers geben (Wols, Hoehme, Mathieu), während die mechanisch erzeugten Bilder der amerikanischen Farbfeldmalerei das abstrakte Bild als Erscheinungsform des Ganz Anderen oder des Erhabenen (Newman, Pollock) auffasste.
In diesem Zusammenhang rückte auch die materielle Beschaffenheit des Farbträgers, d.h. der Bildfläche in den Blickpunkt. So entwickelte beispielsweise Frank Stella in seinen „shaped canvases“ (dt.: geformte Leinwände) die materielle Außenform seiner Bilder aus der seriellen Wiederholung der gemalten Binnenstruktur. Auch andere Künstler wie Elsworth Kelly, Robert Mangold oder Plinky Palermo thematisieren die Materialität des Bildträgers und der Binnenform als wesentliches Wirkungselement des abstrakten Bildes.

Diese Fragestellung beschäftigt auch Friedrich Kleinheinz, der zurückgezogen in der schwäbischen Provinz arbeitet. Der in Zang bei Heidenheim lebende Künstler (geb. 1933) macht den Bildträger als Voraussetzung seiner Farbfeldmalerei dadurch sichtbar, dass er seine Bilder frei schwebend in den Raum hängt. So sind seine großformatigen Bilder stets gleichzeitig als Bild und Objekt wahrnehmbar: Vorne zeigen sie monochrome Farbflächen, hinten wird der mit großem handwerklichem Aufwand hergestellte Bildkörper sichtbar. Dass Kleinheinz für seine Bildträger traditionelle, fast schon vergessene Materialien wie Metall oder Holz wählt und selbst verarbeitet, ist ebenso wenig Zufall wie seine altmeisterlichen Maltechniken. Für den Künstler bilden traditionelle Materialien und handwerkliches Können die unabdingbaren Grundlagen für seine Arbeit, die sich mit aktuellen künstlerischen Fragestellungen auseinandersetzt. So entsteht ein bemerkenswertes künstlerisches Werk, das zugleich aktuell und antiquiert wirkt. Es wird – vor allem in der Gestalt der frei schwebenden, großformatigen Bilder – nun erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt.

Tina Haase
Interferenzskulptur

Von weitem wirken Tina Haases Skulpturen wie große, abstrakte Plastiken, die so grundlegende Wahrnehmungserfahrungen wie Dynamik, Transparenz, Bewegung oder prekäre Gleichgewichtszustände sichtbar machen. Bei näherer Betrachtung entpuppen sich die abstrakten Formen jedoch als Montagen aus banalen, höchst alltäglichen Gegenständen. Papierkörbe oder Kleiderbügel, Flaschenkörbe oder Matratzenfedern sind die Grundelemente, die von der Kölner Künstlerin durch vielfache Addition in große, abstrakte Formen verwandelt werden. Da Tina Haase (geb. 1957) ihre Bauelemente stets leicht versetzt montiert, entstehen aus den banalen Alltagsgegenständen nicht nur große, abstrakt wirkende skulpturale Formen, sondern zugleich auch faszinierende Überlagerungen immer gleicher Muster, d.h. Interferenzen. Diese verwandeln die Skulpturen in schillernde – je nach Standpunkt des Betrachters – wechselnde Erscheinungen. Das banale und alltägliche Ausgangsmaterial, die schlüssige Endform und die Interferenzen machen die Skulpturen der Künstlerin zu Objekten, die sowohl dinglich und konkret als auch ephemer und flüchtig wirken.

Für den Ausstellungsraum des Kunstmuseums wird Tina Haase eigens eine Installation entwickeln.

Yasu Eguchi
Retrospektive 1957 – 1999

Japan, Kalifornien und Ostwürttemberg – dies sind die wesentlichen Stationen im künstlerischen Werdegang Yasu Eguchis. 1938 in Japan geboren wächst Eguchi in den traditionellen Strukturen seines Heimatlandes auf, nach dem Krieg studiert er jedoch westliche Kunst an der Morie Art Academy in Yokosuka. Zu dieser Zeit orientiert er sich am abstrahierenden Stile der „Ôcole de Paris“. Als Eguchi 1968 seiner amerikanischen Frau nach Kalifornien folgt, sieht er sich mit einer westlichen Kultur konfrontiert, die ihm – trotz seiner Vertrautheit mit westlicher Kunst – zunächst fremd ist. Mit den Ausdrucksmitteln der Pop Art, die sich wie selbstverständlich mit Elementen der japanischen Kunst verbinden, setzt er sich mit der amerikanischen Kultur auseinander. Neben Werkgruppen mit japanischen und amerikanischen Themen entstehen – nach Aufenthalten in Stuttgart und Schwäbisch Hall – auch Bilder mit spezifisch deutschen Motiven. Auf der winterlichen Ostalb findet Eguchi schließlich jenes künstlerische Thema, das ihn seither nahezu ausschließlich beschäftigt: die Landschaft. In einer Serie von Winterlandschaften verbindet sich erstmals seine Liebe zur kargen Alblandschaft mit seiner Leidenschaft für sich wiederholende Bildmuster. In den folgenden Jahrzehnten entwickelt er diesen Stil in seiner Landschaftsmalerei weiter. Dabei ist er so erfolgreich, dass er u. a. in die National Academy der Vereinigten Staaten aufgenommen wird.

Mit über 100 Ölbildern, Aquarellen und Skulpturen aus über vier Jahrzehnten präsentiert das Kunstmuseum Heidenheim die erste Retrospektive seiner Werke überhaupt. Sie ist eine Hommage an die Landschaft der Ostalb und die Menschen, die den Künstler zu seinem Thema und seinem Stil haben finden lassen.

Unschärferelation
Fotografie als Dimension der Malerei

Abigail O’Brien
Joachim Brohm
Andreas Gursky
Hartmut Neumann
Walter Niedermayr
Simone Nieweg
Jörg Sasse
Heidi Specker
(e.)Twin Gabriel

Seit mehr als zehn Jahren boomt auf dem Kunstmarkt ein Medium, das vor wenigen Jahrzehnten noch nicht als Kunstform anerkannt war: die Fotografie. Dieser Boom umfasst nicht nur die Schwarzweißfotografie, die inzwischen in den Rang einer Kunstgattung der klassischen Moderne aufgestiegen ist, sondern auch die zeitgenössische Fotokunst, die der aktuellen Malerei ihren Rang auf dem Kunstmarkt streitig macht. Eine wesentliche Ursache für den Erfolg der aktuellen Fotokunst scheint dabei jenes Phänomen zu sein, mit dem sich diese Ausstellung befasst: die malerischen Elemente in der Fotografie. Dieses Phänomen kann, wie es Stephan Berg vorschlägt, als „Unschärferelation“ oder als Prozess der „Hybridisation“ d.h. Vermischung bzw. Kreuzung der Gattungen Malerei und Fotografie verstanden werden, in welcher sich die Künstler der technisch-apparativen Bildherstellungsfunktion der Fotografie bedienen, um sie – vor allem im Zeitalter der elektronischen Bildbearbeitung – ihrer freien Kreativität zu unterwerfen. Dies meint der Untertitel der Ausstellung: „Fotografie als Dimension der Malerei“. Angesichts der Tatsache, dass ausschließlich fotografische Werke gezeigt werden, könnte man aber auch von der „Malerei als Dimension der Fotografie“ sprechen. Diese Umkehrung verweist auf die grundlegende Frage, die hinter diesem gegenwärtig zu beobachtenden Phänomen steckt: Es ist die Frage nach der Bedeutung beider Medien für die kreative Bildproduktion heute. Gegenwärtig scheint es jedenfalls so, als ob sich viele Künstler vor allem deshalb der Fotografie bedienen, weil deren – durch die Technik des Fotoapparats garantierte – Abbildtreue Ausdrucksmöglichkeiten eröffnet, welche das Medium der autonomen Malerei nicht zu bieten vermag. oder anders ausgedrückt: Die Abbildfunktion der Fotografie scheint jene bildnerische Kreativität zu beflügeln, die man im Medium der Malerei gegenwärtig vergeblich sucht.

Ausstellung teilen...